· 

Warum wir auf aversive Methoden im Tiertraining verzichten

Trainingserfolge mit Wachteln

 

Erstaunlicherweise treffen wir trotz der aktuellen positiven Entwicklungen nach wie vor auf die Verwendung aversiver Methoden im Hundetraining. Einige Trainer verwenden bewusst Strafreize zur Hundeerziehung, einige Halter sind davon überzeugt, dass ein Einsatz von positiver Strafe unausweichlich zu einem erfolgreichen Training gehört.

Diskussionen darüber, ob diese Einschätzung tatsächlich korrekt ist oder nicht, führen meist ins Leere und verhärteten Fronten. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle keine neuen Diskussion anfangen, sondern statt dessen ein kurzes Gedankenexperiment wagen:

 

Überlegen Sie kurz, wie Sie einer Wachtel beibringen würden, einen Hindernisparcours (bestehend aus Slalom, A-Wand und Tunnel) auf Zeit zu durchlaufen...

...und sehen Sie sich danach das folgende Video an...

...danach erlauben Sie mir, Ihnen MEINE Antwort zu der o.g. Frage zu geben...

 

Ich würde es mit Positiver Verstärkung, einem gesunden Interesse am Ausprobieren, einer Hohen Bereitschaft zur Alternativensuche, viel Ausdauer und unglaublich viel Spass Im TRaining versuchen... aber auf jeden Fall ohne Druck und Gewalt.

 

 

Der erste Impuls, dem ich hier gerecht werden möchte, ist der sicherlich aufkommende Gedanke, ob man das Training an Wachteln mit dem Training von Hunden überhaupt vergleichen kann. Wachteln sind Fluchtiere und daher sehr ängstlich. Die Verwendung von aversiven Methoden führt sofort zu einer "Verweigerungshaltung" und "Lernblockade".

Unter der begründeten Annahme, dass die bekannten Lernprinzipien artübergreifend für Vogel und Säugetiere anwendbar sind, wurden die Wachteln unter Verwendung der Trainingsachse von viel positiver Verstärkung und minimaler negativer Betrafung trainiert. Dabei ging es in erster Linie darum herauszufinden, welche Trainingsmethode die höchste Motivation bei dem Wachteln erzeugt. Absteigend in der Erfolgsquote konnte man bei den Wachteln mit folgenden Methoden gute Fortschritte erzielen:

  1. Locken

  2. Konfiguration beeinflussen

  3. Targettraining

  4. Verketten

  5. Formen

  6. Provozieren

Der entscheidendste Trainingsfortschritt war allerdings bei mir als Trainer zu beobachten. Durch den Umgang mit den Wachteln konnte bzw. musste ich meine Beobachtungsgabe schärfen, um Erfolge zu erzielen.  Die eigene Impulskontrolle wurde stark beansprucht und kontinuierlich ausgeprägt. War kein Trainingsfortschritt mehr zu erzielen, war es immer wieder notwendig, die Methoden anzupassen und neue Wege zu finden und auszuprobieren. Auf kurzzeitige Frustrationstiefs folgten Momente von enormen Stolz und viel Motivation zum Weitermachen.



Die Wachteln zeigten im Verlauf des Trainings wachsende Motivation und kamen bereitwillig angelaufen, wenn es wieder losging. Der Spaß am Ausprobieren wuchs beidseitig bei Trainer und Tier und sofern man es glauben mag, gab es sogar eine Art Bindungsaufbau.

 

Wenn also Fluchttiere durch eine Trainingsweise zum Erfolg geführt werden können, die ohne Strafreize auskommt, dann ist diese aufgrund der universellen Verhaltenstheorie auch bei Hunden (und besonders bei ängstlichen) anwendbar. Sofern also die Verwendung von positiver Verstärkung kombiniert mit einem sehr geringen Anteil an negativer Strafe zu beeindruckenden Erfolgen, einer motivierten Arbeitsumgebung und verbesserter Trainer-Tier Beziehung führt, ergibt sich meiner Meinung nach keine Notwendigkeit positive Strafe im Training von Tieren zu verwenden.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0